Allgemeine und Typologische Sprachwissenschaft
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Beschreibung des Faches

Das Fach Allgemeine Sprachwissenschaft versteht sich als eine wissenschaftliche Disziplin, deren Gegenstand zum einen durch die grundlegenden Eigenschaften menschlicher Sprache, zum anderen durch alle spezifischen und sprachübergreifenden Züge einzelner Sprachen und Sprachgruppen gegeben ist. Damit gehören grundsätzlich alle Fragestellungen, die sich mit Sprache und dem Gemeinsamen wie den Verschiedenheiten der Einzelsprachen befassen, zum Gegenstandsbereich der Allgemeinen Sprachwissenschaft.

Die intensive Erforschung einiger Teilgebiete der Allgemeinen Sprachwissenschaft hat dazu geführt, dass sich selbständige Fächer herausgebildet haben, die zahlreiche Berührungspunkte mit Gegenständen und Methoden der Allgemeinen Sprachwissenschaft zeigen, aber auch deutlich andere Akzente setzen. An der Universität München gehören hierzu die Fächer Phonetik und Sprachverarbeitung, Sprechwissenschaft (Psycholinguistik) und Theoretische Linguistik, die der Fakultät 14 angehören. Die inhaltliche Abgrenzung dieser Fächer von der Allgemeinen Sprachwissenschaft ist schon durch ihre Bezeichnungen angedeutet, obschon die Allgemeine Sprachwissenschaft in der Form, wie sie in München derzeit vertreten wird, erhebliche Affinitäten besonders zur Psycholinguistik zeigt.

Wegen mancher Berührungspunkte mit der Theoretischen Linguistik sei hier die unterschiedliche Akzentsetzung der beiden Fächer umrissen: Die Theoretische Linguistik hat zum Ziel, formalisierte universelle Theorien der Sprache und der Sprachveränderung zu erstellen (vgl. Informationen des Instituts für Deutsche Philologie der Universität München Nr. 4, SS 1982). Dagegen verfolgt die Allgemeine Sprachwissenschaft am Institut für Allgemeine und Typologische Sprachwissenschaft der Universität München das Ziel, auf der Grundlage möglichst breit angelegter und detaillierter Sprach- (besonders Grammatik-)Kenntnisse zunächst die strukturellen und funktionalen Gemeinsamkeiten von Sprachen zu untersuchen bzw. Partikularitäten zu erklären ("Sprachtypologie"). Neben der Gewinnung empirischer Daten aus möglichst vielen, besonders "exotischen" Sprachen steht der Versuch einer grammatischen Modellbildung auf der Basis von Hypothesen zur menschlichen Kognition bzw. Kommunikation im Vordergrund des Interesses.

Gefragt wird vor allem:

  • Welche Kategorien für eine "erfolgreiche" Grammatik (gleich in welcher Sprache) notwendig sind

  • Wie diese Kategorien sich in den Einzelsprachen niederschlagen

  • Welche Spezifika Einzelsprachen darüber hinaus entwickelt haben (und warum bzw. wozu)

  • Wie diese Grammatiken in ihrer Geschichte zu erklären sind.

Hierdurch ergibt sich auch das große Interesse der Allgemeinen Sprachwissenschaft an Phänomenen des Sprachwandels, an genetischen Divergenz- und arealen Konvergenzprozessen, sowie an Sprachursprungstheorien. Umgekehrt beleuchtet die Beschäftigung mit einer Vielzahl von Einzelgrammatiken nicht nur systematische Aspekte innerhalb einzelner Sprache, sondern auch deren Verhältnis zum menschlichen Denken und zu kulturellen bzw. kommunikativen Routinen einzelner Sprachgemeinschaften und der Menschen überhaupt.

Die in München vertretene Ausrichtung des Fachs "Allgemeine Sprachwissenschaft" leitet sich aus dem Grundverständnis von Sprache als in der Kognition verankertes und auf die kommunikativen Erfordernisse des kognitiven Netzwerks ausgerichtetes, durch seine Traditionswege bedingtes Wissenssystem ab, das in seiner jeweiligen partikularen Ausprägung als Teil des kommunikativen und sozialen Habitus einer Sprechergemeinschaft eine sekundäre Autonomisierung erfahren kann. Damit versteht sich die Allgemeine Sprachwissenschaft als Disziplin der Grundlagenforschung innerhalb der sprachwissenschaftlichen Dimension.